Winter-Gebietsaufsicht
im Xeis
Ein schweißtreibender Arbeitstag mit Ranger Christian “Kiki“ Scheucher (Gesäuse) am schönsten und friedlichsten Arbeitsplatz der Welt!
Skitour aufs Gscheidegg
Als ich am Abend meine Sachen für den Dienst am folgenden Tag packe, beginnt es heftig zu schneien und mir wird bewusst, dass morgen ein toller, aber sehr anstrengender Tag werden wird.
Diesmal beginne ich mit der Gebietsaufsicht schon extra bald, da es wichtig ist, der Erste zu sein, der die Skitour aufs Gscheidegg geht. Es gilt, im Neuschnee eine Spur anzulegen, um den vielen Schitourengeherinnen und Schitourengeher, die heute bestimmt kommen werden, den richtigen Weg zu zeigen. Die Besucherinnen und Besucher zu lenken ist vor allem jetzt im Winter sehr wichtig, weil sich auf dem Weg zum Gipfel einige sensible Gebiete befinden, in denen die Tiere in dieser schweren Zeit ihre Ruhe brauchen.
Hier leben vor allem Raufußhühner (Auerhühner, Birkhühner und Schneehühner). Sie teilen sich im Winter den Lebensraum mit Schitourenbegeisterten. An kalten Tagen ziehen sie sich zurück und versuchen, Energie zu sparen. Werden sie in ihren angestammten Lebensräumen gestört, flüchten sie unter großem Stress. Sie müssen dann den Tag unter suboptimalen Bedingungen, ohne Nahrung, Kälteschutz und Deckung, verbringen. Das möchten wir ihnen ersparen; somit vermeide ich diese Gebiete bei meiner Spuranlage.
Winterzauber im Nationalpark
Im Morgengrauen komme ich am Parkplatz Ebneralm in Johnsbach an. Sehr gut - ich bin der Erste und mache mich zuerst mal ans Freischaufeln der tiefverschneiten Orientierungstafeln und bestücke auch gleich die Folderboxen mit Infobroschüren für Tourengeherinnen und Tourengehern neu. Sobald ich meine Ausrüstung fertig habe und die Skier angeschnallt sind, marschiere ich los. Ich tauche ein in die Natur, die so unberührt und still ist, wie sonst das ganze Jahr nicht.
Kurz nachdem ich durch die atemberaubende Ebnerklamm durch bin, biege ich in den Wald ab. Winterzauber pur, es ist als ob hier zuvor noch nie ein Mensch war. „Das ist der schönste, friedlichste und ruhigste Ort der Welt!“, denke ich mir und stapfe durch das endlosscheinende Weiß. Immer wieder komme ich an Tafeln vorbei, die ich von Schnee befreie. Manche müssen sogar ausgegraben werden, da sie komplett eingeschneit sind. Einige der Tafeln weisen auf die Winterruhezonen für Wildtiere hin. Bei diesen Schildern ist es besonders wichtig, dass sie gut ersichtlich sind und meine Spur deutlich an ihnen vorbeileitet.
Langsam merke ich die Anstrengung, denn es sind doch einige Zentimeter Neuschnee, die ich bei jedem Schritt verdrängen muss, und ich lege meine erste kleine Pause ein. Am Waldrand entdecke ich einige Spuren und auch ein paar „Erdnussflips“. Zumindest sieht es auf den ersten Blick so aus, aber es ist nur die Losung von einem Birkhuhn. Erfolgreich widerstehe ich den „verbotenen Flips“ und esse lieber meinen Müsliriegel. Im selben Moment erschrecke ich. Direkt neben mir streicht ein Birkhuhn ab! Was für ein Anblick! Es ist schön, hier Gast sein zu dürfen! Ich melde die Sichtung über die Gebietsaufsichts-App und mache mich wieder auf den Weg.
Ein toller Job
Nach einiger Zeit komme ich zu unserer Wetterstation, die auch komplett eingeschneit ist. Während ich sie von Schnee befreie, höre ich hinter mir schon jemanden schnaufen. Der erste Skitourengeher ist meiner Spur gefolgt und ich bin ganz froh, dass ich den steilsten Teil zum Gipfel nicht mehr spuren muss. Gerne lasse ich ihn nach kurzem Smalltalk vorgehen. Er bedankt sich für die Informationen, die schöne Spur und erleichtert mir den Rest des Weges!
Völlig durchgeschwitzt am Gipfel angekommen, zeigt sich die Sonne und es wird warm. Nachdem ich mich trockengelegt habe, sehe ich auch schon von allen Richtungen Menschen auf mich zukommen. Heute bleibe ich länger als sonst am Gipfel, da ich viele nette Gespräche mit den Skitourengeherinnen und Skitourengehern führe und der Ansturm nicht abzureißen scheint. Meistens fragen mich die Leute, was ich hier eigentlich tue und es ist mir eine Freude, meine Begeisterung über die Sinnhaftigkeit dieses Jobs weiterzugeben. Jeder versteht, wie wichtig es ist unberührte Zonen im Nationalpark den Tieren zu überlassen. Viele wissen gar nicht, dass sie in einem Nationalpark unterwegs sind und freuen sich über meine Informationen.
Irgendwann wird es wieder ruhiger und ich freue mich auf die Abfahrt. Ich genieße die Schwünge durch die tief verschneiten Hänge und bleibe am Fuße des Gipfelhanges stehen, um meine Spur zu bewundern. „Ma, geil wars!“, denke ich mir begeistert. Am Weg hinunter bleibe ich immer wieder bei aufsteigenden, schnaufenden Tourengeherinnen und Tourengehern stehen und motiviere sie. Vor allem gebe ich Tipps für weitere Touren und weise auf den obligatorischen Pflichtbesuch bei einem Wirten in Johnsbach nach der Tour hin.
In meinem Lieblingswirtshaus angekommen begrüße ich einige bekannte Gesichter und lasse mir einen Suppentopf und ein Weizenbier so richtig schmecken. Hier dokumentiere ich noch die ganze Tour in der App für die Gebietsaufsicht und mir wird wieder einmal aufs Neue bewusst, was für einen tollen Job ich eigentlich habe! Vielleicht sehn wir uns ja mal im Gelände!
Text: Christian Scheucher
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