Sensationeller
Käferfund

Kalkalpen

Ein außergewöhnlicher Käferfund glückte dem Nationalpark-Zoologen Erich Weigand im Weltnaturerbe Buchenwald im Nationalpark Kalkalpen. Mit dem Nachweis des „Rothalsigen Düsterkäfers“, auf Latein Phyrganophilus ruficollis, beheimatet der Nationalpark Kalkalpen nun nachweislich eine der seltensten Käferarten Europas.

Käfer
(c) Erich Weigand

Es handelt sich hier um eine Urwaldreliktart der Kategorie eins,  welche in der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der Europäischen Union unter prioritärem Schutz steht. „ Bislang sind für die Ostalpen erst einige wenige Einzelfunde bestätigt, darunter auch einer von Oberösterreich vor 119 Jahren in Trattenbach in der Gemeinde Ternberg“, teilten die auf die heimische Käferfauna spezialisierten Biologen Andreas Eckelt vom Museum Innsbruck, Gregor Degaspari aus Tirol und Konsulent Heinz Mitter aus Ansfelden mit. Der letzte Fund in Österrreich liegt über 40 Jahre zurück.

32 Individuen gesichtet

Bei vertiefenden Nachforschungen konnten die Käferforscher den Rothalsigen Düsterkäfer an zwei weiteren Lawinenstrichen im Bodinggraben mit insgesamt 32 Individuen sichten und damit die erste größere Population in den Ostalpen bestätigten. Die nächste bekannte Population liegt in einem Urwald, im Białowieża-Nationalpark, in Polen und Weißrußland.

Käfer
(c) Erich Weigand

Neue Erkenntnisse

Im Zuge der Erhebungen im Nationalpark wurden auch basale neue Erkenntnisse zur Biologie und Lebensansprüche dieser Art gewonnen. So war bislang für den fertig entwickelten, geschlechtsreifen Käfer erst ein Lebensalter von zwei Wochen bekannt, nun konnte Andreas Eckelt jedoch ein Alter von mindestens vier Wochen feststellen. Ausschlaggebend für sein Vorkommen ist weniger eine Baumart, sondern viel mehr die Substratqualität, also der spezifische Holzzersetzungsprozess am Totholz. Gerade in den unberührt gebliebenen Waldgebieten im Weltnaturerbe Buchenwald, wo sich die Bäume über Jahrhunderte natürlich entwickeln konnten, finden wir den höchsten Anteil an Urwaldreliktarten. Es leben hier beispielsweise bekannte Arten wie der Alpenbock (Rosalia alpina) oder der Scharlachrote Plattkäfer (Cucujus cinnaberinus), aber auch viele unbekannte Arten wie der Orangeflecken-Düsterkäfer (Dircaea australis), eine Art, die nur noch in den letzten verblieben Urwäldern in Europa gefunden wird. Die Tiere benötigen für ihre mehrjährige Entwicklung stark dimensioniertes, weißfaules Buchen-oder Ulmen-Totholz in besonnter Lage. Die Mehrzahl dieser Urwaldrelikte sind in ihrem Überleben von den ebenfalls oft bereits sehr selten gewordenen Baumpilzen abhängig.

Totholz in den Bergen
(c) Erich Weigand

Lebensraum des Rothalsigen Düsterkäfers

Totholzfauna als wichtige Basis

Um Österreichs Naturerbe und seine Arten zu erhalten ist daher der Schutz von ursprünglichen und alten Wäldern vordringlich, denn genau dort sind die gefährdetsten Waldorganismen noch zu finden. „Mit dem Sensationsfund steigt die Anzahl an Urwaldreliktarten im Waldnationalpark Kalkalpen auf 41 bekannte Arten an“, freut sich Nationalpark Direktor Josef Forstinger. „In keinem weiteren Waldgebiet der Ostalpen, welches sich aus den verbreitetsten Leitbaumarten Rotbuche, Fichte und Tanne zusammensetzt, werden gegenwärtig auch nur ansatzweise so viele Relikte bestätigt“. Mit dieser Diversität und Qualität der vorhandenen Totholzfauna zählt der Nationalpark Kalkalpen heute zu den bedeutendsten naturnahen Wäldern Mitteleuropas und zu den wichtigsten Refugialgebieten einer hochgradig gefährdeten und urständigen mitteleuropäischen Waldfauna. Der Fund verdeutlicht einmal mehr die Dringlichkeit und Wichtigkeit weitere Außernutzungstellungen von alten und ursprünglichen Waldlebensräumen.

 
 

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