Zeitlosigkeit
im Thayatal
Die deutsche Germanistin Tabea Hertzog erkannte im Nationalpark Thayatal, dass sie ihre Projektidee verändern möchte, da ihr die dortige Natur etwas anderes bot als erwartet. In diesem Beitrag berichtet sie von der angenehmen Zeitlosigkeit im Nationalpark und wie wenig notwendig ist, um am Ende des Tages zufrieden und ausgeglichen zu sein. Ihr Text "Was wir sehen [PDF]" soll ihre Wahrnehmungen wiedergeben.
Erwartungen an meine Reise
Rückblickend waren meine Erwartungen wohl am ehesten, dass ich mein erdachtes Projekt umsetzen kann. Mit den ersten Tagen im Nationalpark ist mir sehr schnell klargeworden, dass ich das nicht weiterverfolgen kann, weil die Gegebenheiten es nicht zuließen. Was dann aber auch mehr Offenheit für die Suche einer neuen Idee mitbrachte, die dann nach ein paar Tagen kam.
Faszination im Nationalpark
Die folgenden Punkte haben mich während meines Aufenthaltes im Nationalpark Thayatal am meisten fasziniert:
- Den natürlichen Kreislauf/ die Veränderung des Waldes zu sehen.
- Rotwild, das ich kurz nach dem Sonnenaufgang ungestört beobachten konnte.
- Wie toll es war, dass man direkt zur Tür heraus so schnell im Wald (Auch zur anderen Seite heraus. Dem Wald, der nicht zum Nationalpark gehörte.) sein konnte.
- Das man so weite lange Strecken – die sich in ihrer Umgebung immer wieder veränderten - am Fluss entlanglaufen konnte.
Die größten Herausforderungen
Ich fand hoch oben auf einem Felsen eine Eichelhäher-Feder. Da ist natürlich einer meiner ersten Gedanken gewesen, dass dieser Eichelhäher einem Greifvogel erlag.
Diese natürlichen Prozesse in unterschiedlicher Vielfalt wahrzunehmen, regten auf jeden Fall zum Nachdenken an und lösten sehr verschiedene Gefühle aus.
Ein zweites Erlebnis: die Scarabaeoidea, die man im Wald immer wieder auf dem Rücken liegend auf der Erde entdeckt. Und die man hin und wieder zurück auf die richtige Seite dreht, weil man ihnen helfen möchte. Wenn einer der Käfer allerdings schon ein kaputtes Bein hat, fällt er danach unmittelbar wieder auf den Rücken. Die Nähe von Lebendigkeit und Tod ist hier sehr spürbar. Es ist auf jeden Fall auch die Akzeptanz zu verstehen, dass man verletzten Tieren nicht helfen kann, und den natürlichen Prozess/ Kreislauf dahinter zu sehen.
Als ich die großen Unterschiede in der Fließgeschwindigkeit/ dem Wasserpegel der Thaya (ausgelöst durch das Wasserkraftwerk) an den Tagen unmittelbar sehen und erfahren konnte, war das auf jeden Fall für mich herausfordernd. In der Akzeptanz, dass der Mensch ja verantwortlich dafür ist. Daran gekoppelt, welche Herausforderungen/ Anpassungen diese Gegebenheit für Tiere und Pflanzen noch einmal mit sich bringt.
Mein persönlicher Rückblick
Wenn ich auf die Zeit im Nationalpark zurückblicke, verspüre ich eine große angenehme Zeitlosigkeit. Wie wenig notwendig war, um zufrieden und ausgeglichen am Ende des Tages zu sein:
- Essen -> Laufen, Beobachten -> Essen, Beobachten -> Laufen, Beobachten -> Essen -> Schlafen.
Ich habe schon zuvor relativ viel Zeit draußen verbracht. Die Zeit hat trotzdem wieder den eigenen Blick und die Neugierde erweitert.
Text: Tabea Hertzog
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