Luchse brauchen dringend
Artgenossinnen

Kalkalpen

Europas größte Katzenart hat in den ausgedehnten und zusammenhängenden Wäldern im und um den Nationalpark Kalkalpen zwar einen optimalen Lebensraum, doch seit vier Jahren stellt sich bei den drei vitalen und geschlechtsreifen Weibchen kein Nachwuchs ein.

Untersuchung von Luchsmännchen Lakota im Nationalpark Kalkalpen
(c)Christian Fuxjäger

Um abzuklären, ob Krankheiten als Ursache für das Ausbleiben von Luchsnachwuchs ausgeschlossen werden können, wurde der Fang von Luchsen im Nationalpark Gebiet mittels Kastenfallen vereinbart und behördlich genehmigt. Am 27. März tappte Luchs Lakota in die Falle. Die halbstündige Untersuchung des Luchses vor Ort ergab einen guten Gesamteindruck. Nun liegen auch die umfassenden Blutbefunde vor. Demnach konnte auch kein Infektionserreger bei Luchs Lakota gefunden werden. Prof. Dr. Marie-Pierre Ryser vom Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin der Universität Bern interpretierte das Ergebnis der Untersuchungen an Luchs Lakota und im Hinblick auf das Ausbleiben von Nachwuchs mit dem Hinweis „Somit ist es sinnvoll, in eine andere Richtung zu suchen“.

„Ob der geringe Testosteronwert, der bei Luchs Lakota diagnostiziert wurde, bereits eine Auswirkung von genetischer Verarmung darstellt, Lakota ist aus Inzucht entstanden und dominiert das Gebiet, ist bereits Gegenstand eines wissenschaftlichen Diskurses“ berichtet Nationalparkdirektor Volkhard Maier.

Lakota ist der dominierende Luchs in der Nationalpark Region, der nach den Beobachtungen vom Luchsexperten Christian Fuxjäger sein Revier mit zwei Katzen teilt. Sein niedriger Testosteronwert wird daher als Ursache für den fehlenden Nachwuchs bei diesen beiden Katzen angenommen. Als kurzfristige Maßnahme ist die Freisetzung von zwei weiblichen Luchsen zur Stabilisierung des Luchsbestandes notwendig.

Im Jänner 2021 haben vierzig Experten aus der Schweiz, Slowenien, Deutschland und Österreich die Situation beraten. Im Expertenhearing wurde auch genetische Verarmung durch Reproduktion bei nahe verwandten Individuen als eine Hauptursache für mangelnde Reproduktion der Luchse ausgemacht. Schon zu Beginn des Luchsbestandstützungsprojektes im Nationalpark Kalkalpen machten Experten auf die zu geringe Zahl an wiederangesiedelten Tieren aufmerksam. Die minimale Populationsgröße wurde damals mit 20 bis 30 Tieren, die in einem sozialen Austausch zueinander stehen müssen, angegeben.

Luchs im Schnee
(c)Sonvilla-Graf OG

Mit der Minimum Viable Population (MVP) wird die Überlebensfähigkeit (Viabilität) einer Population beurteilt bzw. vorausgesagt, wie viele Individuen einer Spezies vorhanden sein müssen, um über einen bestimmten Zeitraum mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit weiter zu existieren. Übliche Faustzahlen für die minimale Populationsgröße sind 50 Individuen. Da der Erhaltungszustand der Luchse in den nördlichen Kalkalpen ungünstig ist und sich die kleine Population in der Nationalpark Kalkalpen Region nicht selbst tragen kann, wäre um diese Mindestzahlen zu erreichen ein bundesländerübergreifendes Artenschutzprojekt mit Bestandstützungen auch in Niederösterreich und der Steiermark wünschenswert. „Als Naturschutzreferent der Oberösterreichischen Landesregierung unterstütze ich jede zielführende Initiative zur stabilen Etablierung einer Luchspopulation in der Region Kalkalpen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die bisher unternommenen Anstrengungen umsonst gewesen sind. Ich erwarte mir ein langfristiges Bestandsstützungskonzept, welches auch durch einen breiten Konsens aller Stakeholder getragen wird. Nur so wird es möglich sein, diese anmutigen Großkatzen wieder dauerhaft bei uns heimisch zu machen,“ betont Naturschutzreferent Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner.    

Da eine überlebensfähige Luchspopulation im Dreiländereck der Eisenwurzen eine wichtige Brückenkopffunktion zu der Luchspopulation im Böhmerwald und zum Alpen-Karpaten Korridor hat, ist der Erfolg dieses Artenschutzprojektes von internationaler Bedeutung. „Der Luchs war in Österreich lange von der Bildfläche verschwunden, nun kehrt er auf leisen Sohlen zurück. Doch er wird langfristig nur bleiben können, wenn sich die einzelnen Tiere vernetzen und es Luchsnachwuchs gibt. Der Nationalpark Kalkalpen leistet mit seinem Engagement für die Luchse und seinem Vorhaben, den Bestand zu stärken, einen wichtigen Beitrag für die heimische Artenvielfalt und für ein intaktes Ökosystem Wald“, teilt Frau Bundesministerin Leonore Gewessler mit.

 
 

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