In der Nacht
beim Edelkrebsmonitoring

Rangergeschichte

"Es ist stockdunkel. Ich bleibe stehen, damit ich eintauchen kann in die Nacht. Damit ich mich ein bisschen auflösen kann im Wald. Wenn es dunkel wird, ist der Wald ein ganz anderer." Nationalpark Ranger Benjamin Steiner (Thayatal) berichtet von seinen nächtlichen Tätigkeiten beim Edelkrebsmonitoring.

Ein Ranger in grüner Uniform.
(c)NP Thayatal

Arbeit in der Dunkelheit

Das vertraute Sprudeln des Kajabachs bleibt. Eine kleine Vertrautheit, in einer sonst recht anderen Welt. Früher fand ich den Wald in der Nacht unheimlich. Sehr unheimlich. Jetzt nicht mehr. Ich genieße die Dunkelheit. Es ist Sommer, der Wald riecht gut. Hier kenne ich mich aus.

Für das Edelkrebsmonitoring des Nationalparks Thayatal bin ich auf der Suche nach Edelkrebsen, Astacus astacus. Eigentlich wird in einem Nationalpark wenig bis garnicht in die Natur eingegriffen. Das Edelkrebsmonitoring ist eine strenge Ausnahme und findet nur sehr selten statt, damit die Tiere so wenig wie möglich gestört werden. Alle paar Jahre werden Krebse gefangen, um auf die Größe und den Zustand der Population zu schließen. Und, um festzustellen, ob der eingeschleppte Signalkrebs, Pacifastacus leniusculus, bereits im Kajabach vorkommt oder nicht. Der Signalkrebs verdrängt den einheimischen Edelkrebs und hat eine Krankheit mitgebracht, einen Pilz, Aphanomyces astaci, der den einheimischen Edelkrebsen sehr gefährlich wird.

Ein Bach im Wald.
(c)David Löscher

Mit einer Taschenlampe (einer Guten!), einer Waage und einer Schublehre ausgerüstet, ziehe ich in der Dämmerung aus, auf der Suche nach kleinen roten Augen im Bach, die mir entgegenleuchten. Es dauert eine Weile, bis ich lerne, wie ich die Krebse fange, wie ich sie behutsam aber entschlossen halte um die Länge ihres Brustpanzers, dem Carapax, zu bestimmen. Ich wiege die Tiere und bestimme ihr Geschlecht. Ich untersuche ihre Scheren auf Unregelmäßigkeiten, setzte einen GPS-Punkt und entlasse sie wieder in das Sprudeln des Kajabachs.

Manchmal finde ich nur die Exuvie, den abgestreiften Panzer der Tiere. Und manchmal ein Tier, dessen Panzer nach der Häutung noch ganz hell und weich ist.

Ein Flusskrebs unter dem Wasser
(c)M. Graf

Eine altbekannte Dame

Ein Krebsweibchen kenne ich schon. Sie wohnt unter einer kleinen Brücke, am Zusammenfluss zweier kleiner Bäche. Dort, unter einem flachen Stein, sitzt sie und immer, wenn ich mit einer Schulklasse dort vorbei komme, schleichen wir uns an und hoffen, einen Blick auf ihre Scheren zu erhaschen. Manchmal gelingt uns das, manchmal sind wir zu ungestüm und sie verschwindet blitzschnell unter ihrem Stein.

Heute Nacht habe ich Glück. Sie sitzt vor ihrem Stein im flachen Wasser. Ihre Augen, zwei kleine Rubine im Licht der Taschenlampe. In dieser Nacht bewegt sie sich ganz langsam. Wie auf Eierschalen. Die entkommt mir heute nicht, denke ich und setze vorsichtig einen Gummistiefelfuß vor den anderen. Das Licht scheint sie nicht zu stören. Sie vertraut ihrer Tarnung. Und die ist so gut, ich hätte sie übersehen, wüsste ich nicht von ihrer Höhle. Tatsächlich gelingt es mir, sie zu fangen.

Und dann… ich traue meinen Augen kaum. Im Schutz der Unterseite ihres Hinterleibs, dem Pleon, trägt sie Jungkrebse. Ganz hell und fragil sehen sie aus. Schnell setzt ich das Weibchen wieder ins Wasser vor ihre Höhle. Nur ein schnelles Photo, um es meinen Rangerkolleg*innen zu zeigen. Die werden Augen machen!

 

Text: Benjamin Steiner

 
 

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