Es kommt anders
als man plant
Führungen sollen nicht nur das Verständnis über die Natur erweitern, sondern auch einen bleibenden Eindruck bei Besucherinnen und Besuchern hinterlassen. Dass das aber nicht immer so abläuft wie geplant, erzählt Nationalpark Ranger Hans Fittl (Thayatal).
Besondere Gäste
Nationalpark Mitarbeitertreffen sind immer eine Herausforderung für die Organisatoren, wie auch für uns Rangerinnen und Ranger. Schließlich will man ja „seinen“ Nationalpark im besten Licht zeigen.
Wie bei allen Treffen werden an einem Tag besondere Führungen für die Gastrangerinnen und Gastranger organisiert, was für den jeweiligen Exkursionsleiter schon etwas Besonderes ist, denn man hat ja Fachkolleginnen und Fachkollegen mit dabei.
Meine Tour geht diesmal durch den Kirchenwald, im östlichen Teil des Nationalparks gelegen, in dem sonst keine Führungen angeboten werden, da dieser Teil Naturzone ist und sich so ohne menschlichen Einfluss entwickeln soll.
Dieses Gebiet zählt im Unterschied zu den anderen Teilen nicht zu den artenreichsten des Nationalparks, da das Ausgangsgestein Thayagranit ist mit einer dünnen Humusauflage - also ziemlich nährstoffarm und noch dazu sehr trocken. Aber an diesem Tag leider nicht. Schon von Beginn an fällt bei der Führung leichter Nieselregen, was aber den herbstlichen Charakter des Waldes noch verstärkt. Zuerst queren wir einen Wirtschaftswald im Privatbesitz mit Eichen, Rotkiefern und Fichten als vorherrschende Baumarten. Nur die Fichten erleiden hier dasselbe Schicksal wie viele nicht autochthonen Bestände im Waldviertel. Auf zu trockenen Standorten sterben sie großflächig ab.
Versteckt hinter dem Nebel
Schließlich kommen wir zur Grenze des Nationalparks – deutlich zu sehen an einer breiten Schneise und den Hinweisschildern „Betreten verboten“. Aber auch das Waldbild ändert sich: jede Menge Totholz ist jetzt hier zu sehen. Liegend, stehend oder schräg angelehnt an andere Bäume. Vor allem Rotkiefern sterben ab, Eichen bleiben und trotzen noch dem Wassermangel. Ein sehr morbides Bild, noch dazu um diese Jahreszeit, aber so entwickelt sich Natur auf dem Weg zu einem Urwald.
Vorbei an einer alten, nicht mehr genutzten Jagdhütte geht es bei jetzt schon stärkerem Regen in Richtung Thaya – eigentlich der Höhepunkt der Führung. Denn von einem einzigartigen Aussichtspunkt, eine vorspringende Felsnase, hat man einen herrlichen Überblick über die sich tief unten windende Thaya und dem um diese Zeit herrlichen Laubmischwald mit seinem herbstlichen Farbenspiel auf österreichischer wie auch tschechischer Seite.
Aber was sehe ich knapp vor der Abbruchkante – dicken heraufwabbernden Nebel, der jedwede Aussicht verhindert. Ein grauer Vorhang, der keinen Blick freigibt, nicht einmal auf die knapp darunter liegende Blockhalde mit Moosen und Farnen und den vereinzelt wachsenden krummwüchsigen Bäumen, die sich hier angesiedelt haben. Nur das sanfte Rauschen der Thaya tief unten kann man noch hören.
Auch die hier knapp vor der Felskante aufgestellte Wildkatzenkamera mit dem mit Baldrian besprühten Lockstock ist nur eine matte Entschädigung für den entgangenen Eindruck und ich kann meine Enttäuschung darüber kaum verbergen.
Zurück geht es entlang der Staatsgrenze zu Tschechien und in mir bleibt ein schaler Geschmack einer nicht ganz fertig erzählten Geschichte.
Text: Hans Fittl
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