Auf dem Weg der Erstbesteiger
zum Großglockner
"Mich brauchten sie eigentlich nicht mehr, denn hier war es ja so cool. Perfekt, wenn einem die Natur die Show stiehlt."
Georg Granig ist neben seiner Tätigkeit als Nationalpark Ranger in den Hohen Tauern Kärnten mit seinen 10 Schafen auch Kleinstbergbauer und hat datdurch eine besondere Bindung zu den Bergen. In seiner Arbeit als Ranger lässt er sich von seinem Motto: "Erlebnis mit Wissen verbinden" leiten. In seiner Geschichte erzählt er von seinem Abenteuer mit einer Jugendgruppe auf den Spuren der Erstbesteiger zum Großglockner.
Die Jungen auf den Spuren der Alten.
Gruppen die Natur näher zu bringen ist immer wieder spannend, vor allem wenn man eine ganze Woche mit ihnen unterwegs ist. Zum Abschluss als „Highlight“ den Spuren der Erstbesteiger des Großglockners zu folgen und auf der Salmhütte zu übernachten kommt sicher gut an.
Wir starteten mit der Jugendgruppe beim Glocknerhaus und als wir nach der Stockerscharte die blühenden Edelweißwiesen des Leitertals querten kam der Wunsch ein Pflänzchen, für das Herbarium natürlich, mitzunehmen. Doch unter den strengen Augen des Rangers wird kein geschütztes Edelweiß gepflückt! Und Sarah brachte es auf den Punkt: Die Erstbesteiger haben serienweise Pflanzen gestochen und wir dürfen gar nichts!
Das wars dann fürs erste mit dem „Highlight“, ein Wanderer mit seinem Hund sorgte für etwas Ablenkung – plötzlich herrschte helle Aufregung bei den Murmeltieren und schrille Pfiffe verkündeten die Gefahr. Man konnte die „Fluchthierachie“ der Murmeltiere sehen, die Äffchen (Jungen) liefen sofort in den Bau hinein, die Größeren blieben am Eingang des Baues und die Erwachsenen haben gepfiffen und den Hund beobachtet.
Nach dem Mittagessen bei der Salmhütte unterhielten wir uns mit dem Bergführer über die Glocknerbesteigung und alpine Gefahren, was noch mit Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Beim Ausprobieren der Knoten und Anseilen merkte man sehr bald, sie wollen nur noch eins tun - nämlich gar nichts! Also ab in die Hütte, das Lager für die Nacht vorbereiten, Ausrüstungs- und Köperpflege und eine Nachmittagspause für die nicht mehr so motivierte Jugendgruppe.
Nach der Pause brauchte es Überzeugungsarbeit (ich streich euch das Abendessen!) und das Zugeständnis, dass nicht alle den Rucksack mitnehmen müssen. Dafür machten wir dann ein Wettrennen zur Ruine der Erstbesteiger-Hütte. Mit Frischluft waren die Jugendlichen wieder wacher und erkannten sofort den Moränenwall aus dessen Steinen die Hütte gebaut wurde, und sie erinnerten sich sogar an das „Loch“ an der Endmoräne der Pasterze, die wir am Vortag entdeckte hatten. Die Hütte wurde also 1799 mit den Steinen der Moräne aus den 17 Jh. gebaut und um 1850 vom vorstoßenden Gletscher teilweise zerstört und verschüttet.
Highlight Gletscher
Einige spielten noch ein bisschen Erstbesteiger, manche suchten in den Mauerritzen nach vergessenen Utensilien der Erstbesteiger. Danach stiegen wir über die Moräne in das ehemalige Gletscherbett ab. Die Begeisterung meiner Jugendgruppe war zurück: unglaubliche Schuttmengen, die der Gletscher transportierte; Rinnen, Mulden, Schuttkegel die sich von den steilen Bergflanken hereinzogen. Beeindruckt hat sie auch, dass es überall blühte: die blauen „Kleckse“ der Enziane, das Rosa des Stängellosen Leimkrautes, das leuchtende Gelb der Gletschernelkenwurz und das Weiß des Hornkrautes waren die Auffälligsten.
Hinter jedem Hügel war etwas Neues zu entdecken, wie wassergefüllte Mulden, ein Schwemmfächer mit einer Miniatur-Flusslandschaft und sogar in den kleinsten Mäandern und Tümpeln haben sie winzige Käfer und Algen gefunden. Plötzlich ruft jemand „ein Bergdorf in den Anden“, gemeint war ein grün bewachsenes Plateau mit ein paar Steinen, die aussahen wie Hütten.
So wanderten wir quer durch diese Landschaft. Mich brauchten sie eigentlich nicht mehr, denn hier war es ja so cool. Hin und wieder beantwortete ich eine Frage oder wies sie auf eine Besonderheit hin. Perfekt, wenn einem die Natur die Show stiehlt.
Gehen wir noch bis zum Gletscher, lautete der Vorschlag der sogleich eine Mehrheit fand, und die Schwächeren wurden an die Hand genommen und mit nach oben gezogen. Ich hatte zu tun, einen Weg zu finden, damit wir nicht in einer gefährlichen Schuttrinne landeten. Am Gletscher gingen wir die Randspalte entlang bis zu einer Stelle wo sie auf die Felswand klettern konnten, denn sie wollten nun unbedingt dorthin, wo sich auch der Fürstbischof Salm-Reifferscheidt vorgewagt hatte: An die steilen Felsflanken des Großglockners über dem Gletscher. Gott sei Dank, dachte ich mir, haben sie noch die Spuren der Erstbesteiger gefunden. Neues entdecken und Unbekanntes erforschen war wahrscheinlich damals genauso faszinierend wie heute.
Nun suchten wir den erstmöglichen Weg zur Salmhütte, über ein Schneefeld ging es schneller, denn eigentlich sollten wir schon beim Abendessen sitzen.
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