Green´s Function
Methode

Forschungspreis

Stephan Ulz untersuchte während seiner Masterarbeit den Wärmefluss im Boden einer Gebirgsgruppe im Nationalpark Gesäuse. Für seine Analyse nutze er die Green´s Function Methode.

Phasenraum des Systems
(c)Stephan Ulz

Hier kann man vor allem eines erkennen, sehr viele Möglichkeiten. In diesem Zusammenhang spricht man vom Phasenraum des Systems. Ein einzelner Punkt auf der Oberfläche der Sphäre repräsentiert einen mikroskopischen Zustand eines ein-Komponenten-Systems. Der Radius wäre dann ein makroskopischer Zustand. Die Dimension des Phasenraums steigt mit der Anzahl an Komponenten. Bereits bei zwei Komponenten haben wir einen 6-Dimensionalen Phasenraum. Für die Mathematik ist es überhaupt kein Problem, Eigenschaften wie Volumen oder Oberfläche einer höherdimensionalen Kugel zu bestimmen. Man kann sogar hochdimensionale Orangen schälen wenn man will. Veranschaulichen lässt sich das Ganze aber leider nicht mehr.

Was haben Ökosysteme mit Physik zu tun? Abgesehen von den abiotischen Umweltfaktoren offensichtlich wenig. Aber der Name verrät es, es handelt sich um Systeme. Mithilfe der Mathematik schaffen wir hier den Bezug zur Physik. Bei Ökosystemen handelt es sich meist um komplexe Systeme. D.h., dass solch ein System aus sehr vielen Komponenten besteht, welche untereinander und mit der Umwelt interagieren. Ein Nationalpark kann z.B. als ein solches System aufgefasst werden. Dieser ist von vielen Lebewesen und Pflanzen bevölkert, die untereinander und mit der Umgebung in Wechselbeziehung stehen. Die Physik liefert einen eleganten Formalismus, um hier den Überblick zu behalten, die Rede ist von der Statistischen Thermodynamik. In der Physik gestaltet es sich einfach. Hier beobachten wir z.B. Elektronen, Photonen und andere Elementarteilchen, von denen wir genau wissen wie sie sich im einzelnen verhalten. Verallgemeinert man diesen Zugang, so müssen wir uns überlegen, wie diese einzelnen Interaktionen bei anderen Entitäten aussehen. Wie läuft z.B. eine Begegnung eines Bären mit einem Bienenstock ab? Oder was regt sich im Wald wenn die Sonne aufgeht? Haben wir Antworten auf diese Fragen, so benutzen wir einfach den Formalismus, um die kollektive Entwicklung des gesamten Systems vorauszusagen oder bereits Vergangenes aufzudecken. Das Einzige was wir zusätzlich noch wissen müssen, ist der Zustand des Systems zu einem gewissen Zeitpunkt. Dieser Zustand ist dabei nichts anderes, als eine Momentaufnahme des Systems, sozusagen ein Schnappschuss aller Detailvorgänge die gerade geschehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Mikrozustand. Im Gegensatz zur Dynamik des Systems lassen sich Zustände messen. Die erwähnten Mikrozustände lassen sich aus praktischer Sicht jedoch nicht bestimmen, es sind schlichtweg zu viele. Zum Glück gibt es aber noch die Makrozustände, wo uns die Details nicht kümmern. Die Details sind lediglich der Grund dafür, dass der Makrozustand existiert.

Temperatursensor
(c)Stephan Ulz

Dieser Temperatursensor genügt um eine Fülle an Informationen über den Zustand des Klimasystems und von Ökosystemen zu erhalten.

Ein bekanntes Beispiel für einen solchen Makrozustand ist die vorherrschende Temperatur. Bei der Körpertemperatur z.B. interessiert es uns im Allgemeinen auch nicht, was jede einzelne Körperzelle gerade macht. Wichtig ist nur zu verstehen, dass die makroskopische Größe der Körpertemperatur aufgrund der unzähligen Zellen hervorgerufen wird. Die Körpertemperatur ist also ein kollektives und emergentes Phänomen. Was diese Zellen im Detail machen, ist uns egal, der Mikrozustand ist uns egal. Ausschlaggebend ist nur die Körpertemperatur. In der Mikroebene nehmen die Dinge ihren Lauf, die Dynamik führt von einem Zustand in den anderen. Es ergibt sich eine neue Temperatur in der Zukunft, ein neuer Makrozustand. Komplexe Systeme verhalten sich darüber hinaus zumeist chaotisch, weil sie durch nichtlineare Prozesse vorangetrieben werden. Das bedeutet, dass bereits kleinste Änderungen der Anfangs- oder Randbedingungen zu dramatischen Auswirkungen führen können. In dieser Hinsicht wird oft vom Schmetterlingseffekt gesprochen. Die Temperatur im speziellen folgt hingegen einer linearen Gleichung, welche mathematisch um einiges einfacher zu handhaben ist. Das erlaubt die Anwendung einer besonderen Methode, die Methode der sogenannten Green‘s Funktionen, mit welchen ich mich in dieser Arbeit auseinandergesetzt habe. Diese nutzt geschickt die Linearität aus, um die makroskopischen Größen zu ermitteln. Die Temperatur und der Wärmefluss sind Vertreter essentieller Größen für Ökosysteme und das Klimasystem. Es muss lediglich ein einziges Thermometer irgendwo vergraben werden und die Methode der Green‘s Funktionen liefert alle essentiellen temperaturabhängigen Größen die wir benötigen. Mithilfe dieser Größen lässt sich dann Monitoring betreiben, Computersimulationen füttern oder Kippelemente voraussagen. In der Sprache der Physik nennt man solche Kippelemente Phasenübergänge. Diese Phasenübergänge zu identifizieren und vorauszusagen ist eine konkrete Anwendung der statistischen Thermodynamik. In diesem Sinne kann man mit jedem komplexen System verfahren. Dieser Anspruch auf Allgemeinheit rechtfertigt den abstrakten Zugang. Der Lohn dafür ist die Handhabbarkeit der Details und der große Informationsgehalt über das Klimasystem und Ökosysteme,
welcher nun mit relativ wenig Aufwand gewonnen werden kann.

 

[Text: Stephan Ulz]

Messung meteorologischer Daten.
(c)Stephan Ulz

In Kombination mit Standardmeteorologiedaten lässt sich ein Großteil der temperaturabhängigen Größen beschreiben und mit anderen essentiellen Größen in Verbindung setzen.

 
 

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Methode der Green’s Function für die Analyse des Wärmeflusses im Boden in der Gebirgsgruppe

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