Grüne „Kugeln“ in Bäumen
und was sich dahinter verbirgt
Besonders entlang von Gewässern sind in den ufernahen Weiden und Pappeln sehr häufig Misteln zu entdecken. Rangerin Gabriele Hrauda vom Nationalpark Donau-Auen erzählt davon.
Bei einer Tour mit dem Schlauchboot auf der Donau oder im Altarm, oder auch nur bei einem Spaziergang entlang eines Gewässers, fallen vielen Besucher:innen große grüne „Kugeln“ in den Baumkronen auf. Schon wird gerätselt, ob es sich dabei um besonders große Vogelnester handelt, oder was diese Gebilde sonst sein könnten. Denn viele Menschen kennen zwar den Mistelzweig, der zu Weihnachten auch in Europa vermehrt als Dekoration aufgehängt wird, bringen ihn aber nicht mit der gesamten Pflanze, die sich oft hoch oben in den Baumkronen ansiedelt, in Verbindung.
Das ist schon die erste Frage -„Wie kommt die Mistel auf den Baum?“
Dazu braucht es einen kleinen Exkurs in den Aufbau der Pflanze. Die kleinen schwarzen Samen sind von einer klebrigen, zumeist weißen Fruchthülle umgeben, und diese Früchte und Samen werden von verschiedenen Vögeln, zum Beispiel Drosselarten, gerne gefressen. Der Vogel putzt sich nach dem Verzehr den Schnabel, wobei manche Samen auf der Baumrinde abgestreift werden. Der Idealfall für die Mistel: Der Vogel schluckt die gesamte Frucht und scheidet später den unverdauten Samen mit ein bisschen Kot aus, wodurch gleich ein wenig natürlicher Dünger für das Keimen der neuen Pflanze mitgeliefert wird.
Das erklärt auch, warum auf manchen Bäumen sehr viele Misteln wachsen und an anderen, benachbarten gar keine. Viele Drosselarten leben in Schwärmen und gehen daher gemeinsam auf Nahrungssuche und verbringen auch die Nacht gemeinsam. So lassen sich also auch gleich die Schlafbäume der Vögel erkennen. Das Misteln bevorzugt auf Weichholzbäumen wie Pappeln und Weiden keimen, erklärt auch, warum sie vor allem entlang der Gewässer häufig zu entdecken sind.
Oftmals kommt der Einwurf, die Mistel sei ein „Schädling“, weil doch ein Parasit und würde dem Baum sehr stark zusetzen. Tatsächlich sind Misteln Halbparasiten, das heißt sie betreiben eigenständig Photosynthese, benötigen aber Wasser und einfache Nährstoffe, die sie aus dem Gefäßsystem des Wirtsbaumes entnehmen. Selbst wenn viele Individuen auf einem Baum wachsen, ist es eher das Gewicht der Misteln, das dazu führt, dass Äste abbrechen.
Um die Mistel ranken sich viele Geschichten. Schon bei den alten Römern gab es den etwas derben Spruch – „Die Amsel kackt ihren eigenen Tod“, weil mit den klebrigen Mistelfrüchten die Leimruten zum Singvogelfang bestrichen wurden und die Amseln die Samen verbreiten.
Gerade im Nationalpark Donau-Auen nützen manche Vögel, wie zum Beispiel Graureiher, die großen Mistelköpfe um darin oder auch dazwischen ihre Horste anzulegen. So erhalten die Nester zusätzlich Schutz und Stabilität.
Auf den Spuren von Miraculix kann man allerdings nur wandern, wenn man eine Laubholzmistel entdeckt, die auf einer Eiche wächst, was bei uns extrem selten vorkommt. Außerdem muss diese Mistel dann auch noch mit einer goldenen Sichel geschnitten werden, um für den Zaubertrank verwendbar zu sein.
Und zu guter Letzt erklären uns unsere amerikanischen Gäste im wieder, dass man sich deshalb unter der Mistel küssen soll, weil man dann, wie die sehr klebrigen Samen, auf immer zusammenbleibt.
Text: Dr. Gabriele Hrauda
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