Von der Temperatur zum Artvorkommen
Klimaveränderung im Gebirge

Nationalpark Hohe Tauern

Im Rahmen der 31. Sitzung des Nationalparkrates Hohe Tauern wurden die ersten Ergebnisse des seit 2016 durchgeführten Langzeitmonitorings durch den Wissenschaftler Prof. Dr. Christian Körner präsentiert. Erste Ergebnisse zeigen einen Anstieg der Temperatur und eine Verkürzung der Schneedeckendauer.

Ein Nationalparkmitarbeiter hantiert an einer Apparatur an der Spitze eines Hanges
(c) Fabian Dalpiaz
Ein Forscher entnimmt eine Bodenprobe mit einem spatenähnlichen Gerät
(c)Hainzer
Drei Forscher an einem Gebirgsbach, einer von ihnen steht mit den Füßen im Wasser und entnimmt eine Probe
(c)Hainzer

Langzeitmonitoring von Ökosystemprozessen

2016 startete das vom Nationalparkrat initiierte Projekt zum Langzeitmonitoring im Nationalpark Hohe Tauern, bei dem erstmals acht unterschiedliche Forschungszweige an einem gemeinsamen Projekt zusammen arbeiteten. Ziel ist die Grundlagenerfassung wichtiger Indikatoren, unter anderem für den Klimawandel und die Artenvielfalt. Durch die bewusste Auswahl des Forschungsgebietes oberhalb der Baumgrenze in einem Nationalpark soll die Veränderung möglichst unbeeinflusst vom Menschen und umfassend von verschiedenen Forschungszweigen beobachtet und dokumentiert werden. Mit Prof. Körner konnte das Projekt alpenweit ausgeweitet werden. Er koordiniert auch die Fachbereiche und sorgt für ein effektives Zusammenspiel der Disziplinen. Die ersten Ergebnisse wurden den Entscheidungsträger:innen am 10.November 2023 im Rahmen der 31. Sitzung des Nationalparkrates Hohe Tauern im Besucherzentrum Mallnitz präsentiert.

Zwei Männer und zwei Frauen stehen vor einem Besucherzentrum des Nationalpark Hohe Tauern
(c)NPHT Bugelnig

Die politischen Entscheidungsträger:innen stellten am Freitag den 10. November in Mallnitz die Weichen für 2024: v.l. LR Renè Zumtobel, LRin und Ratsvorsitzende Sara Schaar, Bundesvertreterin Mag.a Valerie Zacherl-Draxler (in Vertretung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler BA) und LR Josef Schwaiger. Bildautor c NPHT Bugelnig

Erste Ergebnisse & offene Fragen

„Der Erhalt und der Schutz der Biodiversität ist die grundlegende Aufgabe eines Nationalparks und folgt der europaweiten Biodiversitätsstrategie. Das Langzeitmonitoring ist ein wichtiges Instrument zur Erfüllung dieser Aufgabe. Es lassen sich bereits erste Aussagen zu den sensiblen Messgrößen treffen. So verkürzt sich die Schneedeckendauer und steigen die Temperaturen (um 2 Grad seit der Mitte der 70er-Jahre), was langfristig Einfluss auf die Ökosysteme haben muss. Um jedoch eindeutige Veränderungen zu identifizieren, ist es notwendig, weiterhin konsequent die Biodiversitätsforschung, zu der neben dem Langzeitmonitoring auch die Biodiversitätsdatenbank des Nationalparks Hohe Tauern zählt, weiter zu betreiben“, betont Ratsvorsitzende Sara Schaar.

Eine erste Synthese des Projektes wurde 2022 in EcoMont (ÖAW) publiziert. Analog zur meteorologischen Frage, wann Wetter zum Klima wird, gilt es zu bewerten, wann biologische Beobachtungsdaten zum Trend werden. Die 18 erforschten alpinen Seen und drei Bachsysteme zeigen nach sieben Jahren hohe zeitliche und Biodiversitätsunterschiede und noch keinen in die Zukunft projizierbaren Trend, was in der Natur der Sache liegt. Die Daten der alpinen Graslandsysteme entlang von Schneeschmelzgradienten ergaben, dass die Wirkung der Schneedeckendauer die direkte Wirkung der Temperatur klar übersteigt, was Schneeszenarien in den Fokus rückt. Das Verhältnis Gräser zu Kräutern entpuppte sich als ein sensibler Klimaindikator (Gräser und Seggen sind empfindlicher). Die Verbreitung der mehr als 20.000 Arten von Bodenmikroben und rund 50 Arten winziger Bodentiere (Milben und Springschwänze) folgt der Schneebedeckungsdauer. Die sieben erfassten Jahre schließen extrem schneereiche und extrem schneearme Jahre, trockene und feuchte Sommer ein. Um für alle drei Organismengruppen robuste Durchschnittswerte als Referenz für zukünftige Klimawandelfolgen zu erarbeiten, ist das hoch-standardisierte Monitoring unbedingt weiterzuführen und nach insgesamt zehn Jahren (2027) neuerlich Bilanz zu ziehen. Das biologische Inventar dieser alpinen Lebensräume reagiert sehr träge, dann aber nachhaltig auf Umweltveränderungen. Es empfiehlt sich, die Frequenz der bodenzoologischen Beprobungen auf einen jährlichen Rhythmus zu erhöhen. Die gewählten Ausschnitte aus dem alpinen Lebensraum und die großräumliche Replikation erwiesen sich als bestmöglicher Ansatz, um Veränderungen zu identifizieren, so sie denn existieren.

Eine vielfältige Gebirgslandschaft mit einem Bach, saftigem Grün und bunten Blumen
©Georg Herder

Hintergrundinfos Langzeitmonitoring

Unter dem Leitthema „Leben an Existenzgrenzen im Hochgebirge“ werden acht Fachbereiche vereint, welche ein gemeinsames Ziel verfolgen. Durch eine auf lange Zeit angelegte Beobachtung sollen Veränderungen im alpinen Ökosystem in Folge von Umweltveränderungen sichtbar gemacht werden. Der Fokus der Langzeitbeobachtung wurde bewusst auf Gebirgsökosysteme gelegt, da Veränderungen besonders im Hochgebirge erst über lange Zeiträume nachweisbar und sowohl in ihren Ursachen- und Wirkungszusammenhängen als auch in ihren Folgen richtig interpretierbar werden. Die Beobachtungen sollen dabei so einfach durchgeführt werden, dass sie auch nach Jahrzehnten durch andere Forschergenerationen erfasst werden können. Damit die Ergebnisse auch langfristig vergleichbar bleiben, wird je Fachbereich an einem Protokoll über die Methoden gearbeitet, damit es gelingt Beprobungen auch in vielen Jahren mit den gleichen Verfahren am selben Ort durchzuführen. Die Einzigartigkeit dieses Pilotprojektes spiegelt sich darin wider, dass unterschiedliche Fachbereiche am selben Ort, zur selben Zeit und unter denselben Bedingungen Proben in der naturbelassenen Kernzone des Nationalparks entnehmen und Vorhaben dokumentieren.

Weiterführende Infos:
https://hohetauern.at/de/forschung/langzeitmonitoring.html

[17.11.2023]

 
 

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